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Die Krise ist ein Booster für neue Arbeitsmodelle

Zehra Sirin

Obwohl flexible Arbeitsmodelle immer entscheidender für motivierte Mitarbeitende ist, sind Unternehmen ohne Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz weiterhin die Ausnahme. Was sich hingegen klarer abzeichnet ist, dass die Lock-Down-Erfahrung zum Beschleuniger dieses Themas wurde, und das Potential hat, die innerbetriebliche Transformation in Unternehmen deutlich zu beschleunigen.

 

Das ist auch dringend nötig, denn noch immer ist die Investitionsbereitschaft für technischen Wandel höher, als die innerbetriebliche Vorbereitung auf das neue Arbeitszeitalter. Auch die grössten Skeptiker haben sich während des Lock-Downs unverhofft mit folgenden Fragen befasst: Wie können wir unsere Arbeitsabläufe flexibler gestalten? Wie können sich Mitarbeitende in interdisziplinären Teams vernetzen und dadurch gegen Ausfälle wie den Lock-Down produktiv bleiben? Wie organisieren wir Arbeitsplätze bei denjenigen flexibler, wo es möglich ist, und halten die Kommunikation dabei aufrecht?

Diese Fragen stellt die Krise – New Work beantwortet sie

Doch es gibt auch experimentierfreudigere Arbeitgebende. Einige unserer Kunden haben bei Aufgaben wie Kundenbetreuung, bzw. Kundenservice, Fall-/Sachbearbeitung, Datenpflege oder einfach den Officetag für die Mailbearbeitung auf die Arbeit zu Hause verlegt. So werden Meetings per Videokonferenz abgehalten, Workshops und firmenspezifische Schulungen in virtuellen Klassenzimmern live durchgeführt. Durch den Lock-Down wurden sie noch kreativer. Abgesagte Messen für Produktpräsentationen  werden per Livestream vorgestellt; Communities und Meetups machen aus der Not eine Tugend und lassen Netzwerk-Events online stattfinden. Und Bildungsinstitutionen? Grundschulen haben gezeigt, wie flexibel Präsenzunterricht auch sein könnte, wenn da nicht andere Herausforderungen mit der Sicherstellung von Aufsichtspersonen wären. 

 

Diese „neuen“ Arbeitsweisen bieten für Arbeitnehmenden und -gebenden grosse Vorteile. Eltern wird so die Familienzeit begünstigt; ständige Überstunden relativieren sich; Stress wirkt sich weniger stark auf die Wahrnehmung aus, eine ruhigere Pausenzeit ohne Geschäftsthemen und eine ausgewogenere Essenszeit wirken sich positiv auf die Gesundheit aus und verkürzen den Tag. Auch für Arbeitgebende ist es eine Win-Situation. Die eingesparten Arbeitsplätze können nun für diejenigen Mitarbeitenden genutzt werden, die im Büro sein müssen und mehr Raum für sich und Co-Creation erhalten.

Die Frage lautet nicht mehr, ob Konzepte wie Homeoffice oder selbstorganisiertes Arbeiten sinnvoll sind, sondern welche Rahmenbedingungen bei der Lösungssuche beachtet werden müssen – und welchen Beitrag Sie von Mitarbeitenden dafür erwarten dürfen. 

Falls Sie misstrauisch wegen Ablenkung Ihrer Mitarbeitenden zu Hause sind: Wenn Sie Mitarbeitende haben, die sich grundsätzlich ablenken lassen, dann wird das im Büro nicht anders sein als zu Hause. Hier sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit eher auf Fragen richten, warum Mitarbeitende abgelenkt bis unmotiviert sind, und wonach Bewerber nebst ihren fachlichen Fähigkeiten, sonst noch beurteilt werden (Selbstorganisationsfähigkeit, Werte wie Verlässlichkeit, Integrität, Teamfähigkeit usw.).

Und die gute Nachricht für diejenigen, die bisher als Skeptiker dafür galten: Mit dem Lock-Down erhalten Sie nun ein Alibi für eine Meinungsänderung, ohne widersprüchlich zu wirken.

 

Doch was hat das alles mit dem neuen Arbeitszeitalter New Work zu tun? Das bedingungslose Dienen für einen Arbeitgeber, ist definitiv vorbei. Zum einen, stellen die Generationen X ff. die Sinnfrage für ihr Handeln und sind stark wertgetrieben. D.h. welchen Sinn hat die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz flexibler gestalten zu können, es jedoch nicht zu tun? Und zum anderen stellen sich flexiblen Arbeitsmodellen gleich neue Fragen bezüglich der Art der Zusammenarbeit und dem Führungsstil. Eine Auswahl an weiteren Auswirkungen und wie New Work darauf Antworten bietet, finden Sie nachstehend.

Wenn sich alles verändert, dann ist die beste Antwort darauf, alles zu verändern

 

Geschäftsreisen und Videokonferenzen

Natürlich geht nichts über ein persönliches Gespräch an einem Tisch. Doch Mal ehrlich, müssen wirklich alle vor Ort sein oder ginge ein Teil davon nicht auch per Videokonferenz? Durch unsere unverhoffte Erfahrung mit dem Lock-Down hat sich gezeigt, dass die eine oder andere Geschäftsreise nicht nur Zeit, Administration und Geld für alle Beteiligten spart, es ist auch ökologischer. Überdenken Sie die Notwenigkeit von Geschäftsreisen. Unseren Kunden raten wir diese umweltverbessernde Leistung in den Geschäftsbericht zu integrieren.

 

IT-Sicherheit gegen virtuelle Viren

Wo die IT-Infrastruktur an Bedeutung gewinnt, zeigen sich auch die Sicherheitslücken im System deutlicher. Das erhöhte Aufkommen von virtuellen Arbeitsplätzen, Tools durch Downloads etc. erfordert also eine Erhöhung von IT-Sicherheit. Keine technische IT-Sicherheit wird aber so wirksam wie nötig sein, wenn das Verständnis der Mitarbeitenden fehlt, wozu IT-Vorschriften strikt zu befolgen sind. Setzen Sie gleichermassen auf Sensibilisierungsarbeit, damit der organische Virus nicht noch durch einige virtuelle Viren verstärkt wird –> verantwortungsvoller Umgang und Compliance. 

 

Kreativökonomie

Die Corona-Krise rüttelt uns alle gehörig auf und verordnet uns einen Zwangsstopp zum Innehalten – schwierig, weil wir in einer Leistungsgesellschaft leben. Wozu diese Hektik und starke Fremdbestimmung ist die Frage, die in den Köpfen von vielen Menschen schwirrt. Die Philosophie der sog. Kreativ-Wirtschaft stellt nämlich die Potentiale und die kreative Entfaltung eines jeden Menschen in den Mittelpunkt: Anstatt die Arbeit, werden Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt. Die Kreativ-Wirtschaft fordert sinnstiftende Arbeit, die im Einklang mit unseren kreativen Bedürfnissen stehen soll. Erlebt der Mitarbeitende diese kreative Freiheit, schafft er Grossartiges für das Unternehmen –> Innovation.

 

Nachhaltigkeit

Die Krise zeigt uns so Vieles, was in den Hintergrund gerückt war: Der Himmel ist durch gestrichene Flüge wieder freier; durch Kurzarbeit bis stillstehende Fabrikationsbetriebe sowie ruhige Strassen, wird der Himmel über Grossstädte nach langem wieder klarer, morgens werden Vögel hörbar und ein Tautropfen im Garten bereitet Freude.

Hoffen wir, dass wir mit diesem wiedergewonnen Bewusstsein verantwortungsvoller und nachhaltiger umgehen.