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Wandelnde Führungskompetenzen für New Work

Das neue Arbeitszeitalter New Work unterscheidet sich von der bisherigen Entwicklungsgeschichte durch verschiedene Aspekte. Einerseits entstehen Neuerungen in der Technologie, die die Arbeit durch Digitalisierung und Automation verändern, andererseits entstehen Veränderungen in der Art der Zusammenarbeit – ausgelöst durch auch demographische Entwicklungen und diesbezügliche Anforderungen an eine wertgetriebenere Organisation.

 

Zoomen wir in den Teil der veränderten Zusammenarbeitsformen etwas näher heran. Was bedeutet die Anforderung an eine wertgetriebene Organisation? Und welche Auswirkungen hat das auf die bisherigen Grundsäulen jeder Organisation? 

 

Erklärt ist es einfach: Der Finanzer erklären würde: „Die Kapitalrenditen müssen höher sein als die Kapitalkosten.“, was übersetzt soviel heissen kann wie: Anstatt unternehmerische Entscheidungen nur auf Profit auszurichten, hat die wertorientierte Unternehmensführung den nachhaltigen Unternehmenserfolg im Blick.

 

Zusammenhängend betrachtet bedeutet das, dass das Ziel lautet, den Wert des Unternehmens zu steigern, indem bspw. Forschungs-, Entwicklungsaktivitäten den Umsatz durch Innovationen positiv und langfristig beeinflussen. Im bisher eher technisch konnotierten Wort Entwicklung wird der Aspekt von Kreativität und Innovation durch Mitarbeitende viel höher gewichtet. Und damit Mitarbeitende Kreativ und innerbetriebliches Unternehmertum leben können, ist ein sinnstiftenderes, beteiligenderes Arbeiten erforderlich. Anders als Command&Control möchten Mitarbeitende eigenverantwortlich und mit einem hohen Grad an individueller Mitgestaltungsmöglichkeiten mitgestalten und -entscheiden können.

Dadurch werden Ziele wie Gewinnmaximierung, Kostenoptimierungen etc., um innerbetrieblich gelebte Ethik und Werte erweitert. Angefangen beim Menschenbild, Mitarbeitenden (insbesondere ab Generation Y und folgende) und damit bei dem dafür erforderlichen neuen Führungsverständnis.

 

Soviel zur Ausgangslage und dem Auslöser für das sich verändernde Führungsverständnis. Welche fünf Führungsthemen sich in Anlehnung an unsere Erfahrungen in Kundenaufträgen abzeichnen und durch erste Forschungsergebnisse (der HSG-Studie für New Work) abzeichnen, teilen wir Dir gleich mit Praxis-/Anwendungstipps: 

 

1. Verantwortung teilen und oder aushalten

Wie oben geschildert, besteht durch die jüngere Generation Mitarbeitenden die Anforderung nach geteilter Verantwortung. Für den Führungsstil bedeutet das als ersten und vielleicht wichtigsten Schritt, dass die Führungskraft überlegt, wo, welche inhaltliche und prozessuale Verantwortung dem Team übertragen werden kann. Die Rolle wandelt sich entgegen der früheren Führungslehre von Command&Control zu einem sog. Servant Leader, welcher dem Team und ihrer Interaktionen dient und dafür sorgt, dass das Team seine Ziele erreicht. Das setzt voraus, dass man seine bisherigen Führungsarbeit weiterentwickelt, d.h. sich „un-bossen“

 

Praxistipp

Dieses sog. Unbossing gelingt einfacher und wirkt authentischer, wenn das Team bereits in dieser Phase in die Überlegungen einbezogen wird. Wenn sie durch Führungskräfte gefragt werden, wozu sich das Team diesbezüglich committen kann und wozu (noch) nicht. Und bei welchen Themen sie das Bossing wahrnehmen und weniger wünschen, sodass es auch mehr als Absicht, messbar und wahrnehmbar wird. 

Braucht das Mut und manchmal richtig viel Überwindung loszulassen und auszuhalten? Ja. Was geschieht, wenn man mehr oder weniger bewusst in alte Muster zurückfällt? Aller Anfang ist schwer. Umso mehr raten wir Führungskräften, den Wandel in die neue Rolle und Kompetenzen nicht alleine anzustreben. Mach es zur Teamleistung, indem Du Deine Situation beim Team so ansprichst und Dein Ziel zu ihrem machst. Du wirst überrascht sein, wie einfühlsam und wohlwollend das Team Dich dabei unterstützt, Dich in Deine neue Rolle einzufinden, insbesondere wenn es erkennt, dass Du manchmal noch in alte Muster zurück fällst. Deine Grösse, nach Hilfe und Feedback zu fragen, wird also honoriert und eine ganz neue Basis der Zusammenarbeit kann anfangen zu wachsen.

Somit ist der weit verbreitete Irrtum, dass die Führung unwichtig wird oder gar verschwindet, falsch.

 

Wichtig: Verantwortung teilen oder dem Team übertragen heisst für Führungskräfte, immer noch eine Stimme bei der Entscheidung zu verfügen – jedoch nicht die allein entscheidende, sondern eine Stimme unter anderen. Und damit wird das vorher erwähnte „Aushalten“ deutlich. Das Team kann dadurch über ein Thema anders entscheiden, anders vorgehen, ohne dafür die Zustimmung der Führung zu benötigen. Das bietet auch ganz neue Chancen und Entlastung für die bisherige Führungskraft. Der bekanntliche Druck im Haifischbecken wird deutlich geringer. Denn ein gescheiterer Versuch oder Experiment ist durch das Team eingeschätzt und entschieden worden. Dieses breiter abgestützte Miteinander kann bei Fehlentscheidungen oder Scheitern, auch gemeinsam  getragen werden.

 

Praxistipp

  • Starte experimentell, im Kleinen. Möglicherweise bei Themen, die – ehrlich gesagt – ohnehin schon vom Team getragen und nur noch formal von Dir gesteuert werden.
  • Man tut sich leichter, auch den Rahmen der Zusammenarbeit durch Prinzipien festzulegen. Wie soll die Zusammenarbeit gestaltet werden? Welche davon will man im Team gar nicht tolerieren? Welche konkreten Massnahmen schaffen die Möglichkeit, Gelungenes und Optimierungsfähiges anzusprechen, wozu auch der (andere) Führungsstil gehört?
  • In unserer Praxis beobachten wir, dass manche Führungskräfte in alte Verhaltensmuster fallen, indem sie nun versuchen, potentielle Risiken durch  Team-Abmachungen zu beeinflussen. Das wird sofort erkannt, also unterlasse das lieber. Hier empfehlen wir, mache Deine Verhaltensänderung jetzt wahrnehmbar, zeige, dass Du Deinem Team und dem Prozess vertrauen willst und mögliche Probleme dann behandelst, wenn sie tatsächlich entstehen. Viel wichtiger sind die Werte, die diese Risiken verhindern können und wie man diese gemeinsam fördert und fordert.
2. Neues Rollenverständnis

Führung bedeutet nicht, seinen Stuhl wegzurationalisieren, wie das von Vielen befürchtet wird. Es bedeutet von inhaltlicher Verantwortung hin zu einer Coaching-Rolle weiterzuentwickeln. Als intelligente und lebende Organisation wird das kollektive Wissen und Können genutzt und die Verantwortung geteilt. Der neue Fokus einer Führungsperson liegt somit darauf, das Team als Sparringpartner:in so gut wie nur möglich zu befähigen und „scheinen“ zu lassen. Dafür den Weg frei zu machen, damit das Team als Ganzes erfolgreich sein kann, und nicht nur der eigene Beitrag im Unternehmen vordergründig ist.

Umso wichtiger, dass Führungskräfte bei diesem grundlegenden eigenen Wandel von einem (Agile) Coach begleitet werden, die/der die eigene Reflexion bezüglich Führungsstil fördert und fordert; blinde Flecken anspricht und die Aussenwahrnehmung mit der eigenen synchronisiert.

 

Praxistipp

  • Führungskräften geben wir den Rat, ihre aktuelle Empathie und Auftreten durch Mitarbeitende und oder Friends&Family einschätzen zu lassen und sich davon mit kleinen Schritten, kontinuierlich neu auszurichten. Wichtig ist, sich selbst nicht zu überfordern. Setze Dir bspw. das Ziel, mehr zuzuhören, als Anweisungen zu geben. Oder sich stets die Frage vor Augen zu halten, ob das eigene Verhalten grade der bestmögliche Beitrag ist, das Team scheinen zu lassen.
  • Und nimm Dich nicht zu ernst, wenn es Dir schwerfällt. Es geht nicht darum, Deine Schwächen zu offenbaren, sondern stelle Dir vor, Du müsstest als Führung neu eine Methode anwenden, die Du so noch nicht kanntest.

 

3. Sinn und Orientierung stiften

Weiterhin ist Führung, bzw. Leadership erforderlich, insbesondere, wenn es darum geht, dem Team Orientierung zu geben, den organisatorischen Rahmen zu schaffen, dass die übergeordnete Vision auf Team-Ebene bekannt und soweit verständlich ist, dass Teams sich daraus ihre eigenen Ziele ableiten können. Hast Du auf die Wichtigkeit – als gleichwertiges Mitglied Deines Teams – hingewiesen, es gefordert? Nichts hindert die Führungskräfte, weiterhin die Vorbildrolle wahrzunehmen, den Purpose und Werte der Organisation vorzuleben, zu thematisieren, dass das Team aus der Unternehmensvision heraus, konkrete Ziele für das Team abzuleiten und diese gemeinsam mit Leben füllt.

 

Im Mangementsystem, wo geteilte Verantwortung gelebt wird, kann die initiale Verantwortung durchaus bei der Führung sein. In einer selbstorganisierten Organisation hingegen, liegt diese Verantwortung bei allen im Team. Umso wichtiger klar zu regeln, welches Managementsystem gilt und bei geteilter Verantwortung (Mischform mit weiterhin disziplinarischer Führung), wo die Grenzen des Handlungsspielraums sind.   

 

Praxistipp

Die Herausforderung für die Führung liegt darin, dass man eine Aufgabe weniger sinnstiftend vermitteln musste, so war es doch ein Auftrag, Command&Control. Das bedeutet auch eine viel höhere Transparenz. Das war nicht immer selbstverständlich, da es entweder nicht spruchreif war, aus der Gewohnheit stets „vertraulich“ behandelt wurde, oder man es schlicht selber noch nicht verstanden hatte.

Übersteuere Deine Verhaltensmuster, indem Du dem Team einen Barometer vorschlägst, wo man auch die wahrnehmbare Transparenz abfragen kann und dadurch die Möglichkeit für Reflexion, Feedback und Verbesserung ermöglicht. Denn nicht gelebte Werte – insbesondere durch die Führung – waren und sind  Motivationskiller Nr. 1. 

 

4. Eigene Weiterentwicklung für Gemeinschaftssinn und Empathie 

Die technologischen Möglichkeiten werden den Wandel disruptiver als je zu vor gestalten. Eine Organisation ist also nicht fertig entwickelt, sondern folgt dem kontinuierlichen Prinzip von sense and respond (wahrnehmen und darauf reagieren). Führungskräfte benötigen daher ein hohes Mass an Veränderungsintelligenz und die Fähigkeit, sich Veränderungen anpassen zu können (Agilität). Dabei reicht es nicht, den Wandel zu begleiten oder zu steuern, elementar ist die eigene Haltung, welches Veränderung als absolute Normalität annimmt und sie als Chance zur kontinuierlichen Verbesserung der Organisation sichtbar nutzt. Ändern sich also die Rahmenbedingungen einer entschiedenen Sache, ist es kein Fehler oder Irrtum gewesen, das Druck erzeugen muss. Der Fokus soll nur darin liegen, diese möglichst früh zu erkennen und den Kurs neu auszurichten (Fail Fast).

 

Das setzt auch harte Arbeit am eigenen Führungsstil und Haltung voraus. Der Ansatz lautet: Wie kann ich zunächst mich selbst, mein Team und Peers (Schnittstellen) sowie meine Organisation kontinuierlich ein kleines Stückchen besser machen? Als Führungskraft gilt demnach das Bestreben nach Weiterentwicklung nicht nur für sich selbst, sondern auch für das Team und die Organisation als Ganzes. Die Reflexion des eigenen Führungshandelns und der ehrliche Wunsch nach Anpassung an den neue Führungsprinzipien sind somit zentrale Qualitäten der neuen Führung.

 

Praxistipps

  • Hand aufs Herz. Viele von uns sind durch die 3K-Führungsprinzipien geprägt und basierend darauf gefördert und gefordert worden. Insofern ist es naheliegend, dass es nicht ganz einfach fällt, den Führungsstil auf fast gegenteilige Prinzipien auszurichten. Die gute Nachricht, Führungsprinzipien sind nicht neu und bleiben weiterhin. Nur lauten die 3 Ks nicht mehr Kommandieren, Kontrollieren, Korrigieren, sondern neu Kommunikation, Kultur, Kontext.  Eine grosse Herausforderung dabei ist, dass schwachen Abmachungen niemand folgen wird. Entwickle sie deshalb mit dem Team und definiere diejenigen, die Null-Tolleranz haben, gleich mit. So gibt es eine klare Verbindlichkeit und auch Du als Führungskraft wirst bei Nichteinhaltung, gefeedbackt. 
  • Sei ehrlich zu Dir selbst und orientiere Dich beruflich neu, wenn Du tief in Dir weisst, dass die erforderlichen Kompetenzen mit Deiner bisherigen Sozialisierung und Werten grundsätzlich nicht vereinbar sind. Nutze weder Deine, noch die wertvolle Zeit Deines Teams mit „Spielchen“ – in der Hoffnung, dass auch dieses „Projekt“ vorübergeht und Du dann wieder, wie bisher weiterarbeiten kannst. Dieser Fall wird nicht eintreten.

 

5. Zusammenarbeit und Kommunikation fördern

Kommunikation ist der Dreh- und Angelpunkt von geteilter Verantwortung bis reiner dienender Führung. Führungskräfte nutzen nicht mehr ihre Autorität, sondern ihre Überzeugungsstärke, um Menschen zu bewegen. Kompetenzen im Konfliktmanagement und der Mediation sind ein Beispiel dafür, wie eine Führungskraft allein mit Worten auch negative Situationen im Team zu einem positiven Ergebnis führen kann. Wirst Du als Konfliktgrund genannt, kannst du die Mediationsaufgabe dem agilen Coach in Deinem Unternehmen überlassen. Die Führungsperson sehr wohl die sehr wichtige Aufgabe von Kommunikation in das Team und oder Team übergreifend übernehmen. Dies jedoch mit dem Unterschied, dass das Team vorher dieser Rolle zustimmt.

 

Wie weiter oben erwähnt, ist die bisherige Führung nicht mehr allein entscheidend, sondern handelt im Auftrag des Teams als Moderator:in. Und auch das verdeutlicht, dass die Rolle einen stärker coachenden, moderierenden sowie Hindernisse-aus-dem-Weg-räumenden Charakter einnimmt.

 

Und zum Schluss

Jede Führungskraft soll dabei seinen individuellen Führungsstil finden und vor allem eines sein, authentisch. Dass dieser persönliche Wandel nicht mit Einheitskonzepten und „Massen-„Schulungen einfach anzueignen ist, dürfte selbstredend sein. Es braucht bedarfsgerechte Unterstützung und einen (Agile) Coach, der diese Rolle fordert und fördert. Nur so kann die Unternehmungskultur New Work-fähig und unbelastet entwickelt werden.

Aller Anfang ist schwer. Solltest Du Unterstützung, individuelles oder Team-Coaching wünschen, unterstützen wir Dich gerne auf diesem Weg.

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