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Tipps: Vom Chef zum Coach?

Als unsere Auftraggeberin entschieden hat, die hierarchischen Strukturen durch geteilte Verantwortung, bzw. selbstorganisierte Teams weiterzuentwickeln, stellte sich die Führung generell die Frage, ob ein Vorgesetzter auf mittlerem Management, überhaupt die Rolle eines Coaches oder sog. Servant Leader übernehmen kann.

 

Wie unsere Antwort und diesbezügliche Ratschläge lauteten, damit insbesondere die anspruchsvolle Übergangsphase zu einer Erfolgsgeschichte wird, findest du nachstehend.

 

Mit dem Wandel in eine agile Organisation, wird von Führungskräften erwartet, dass sie nicht nur ihre persönlichen und Abteilungs- oder Bereichsziele forcieren und mit Ergebnissen glänzen, sondern das Gesamtergebnis im Auge behalten und ihre Mitarbeitenden auf Augenhöhe dabei unterstützen. Mit der Teilung der bisherigen Entscheidungsbefugnis wandelt man die Rolle der hierarchischen Führung hin zu einer dienenden (Servant) Führung, häufiger auch Coach-Rolle.

 

Ein bisher Vorgesetzter, der als Coach agiert, soll also seinen Fokus daran setzen, dass das Team sein volles Potential entfaltet und nutzt. So kann er bei wichtigen Fragen und Themenstellungen wie z.B. die Einhaltung von Vorgaben darauf hinweisen, indem er sich erkundigt, wer sich um dieses wichtige Thema kümmert. Je nach Ausprägung der Selbstorganisation, ist auch möglich, dass Führungskräfte konstruktives Feedback als Peer geben und oder aus der hierarchischen Konstellation heraus, Ressourcen bereitstellen, um die individuellen Bedürfnisse und Team-Ziele zu unterstützen. Sie können auch bei der Identifizierung von Entwicklungsbereichen helfen, Lösungen anbieten, durch Visionen inspirieren und den Fortschritt der Mitarbeitenden auf diese Weise auf Augenhöhe steuern. Ein Vorgesetzter, der als Coach agiert, kann eine positive und unterstützende Arbeitsumgebung schaffen, in der Mitarbeiter motiviert sind, ihr Bestes zu geben.

 

Wichtig dabei ist, dass sowohl die Führung als auch Mitarbeitende sich ganz klar bewusst sind, was die Organisation unter geteilter Verantwortung oder Selbstorganisation verstehen will. Wo fängt die Autonomie an und wo hört sie auf? Welches Rollenverständnis bedeutet das für die bisherige Führung und Mitarbeitenden? Wieviel Loslassen bedeutet, das für die Führung und wieviel unternehmerische Verantwortung wird von Mitarbeitenden dafür erwartet. Diese Fragen lassen sich idealerweise gemeinsam erarbeiten, wobei eine angestrebte höhere Autonomie auch stufenweise ausgebaut werden kann. Auch geben Führungssysteme wie Sociocracy3.0, Spotify etc. einen klaren Rahmen über solche Fragestellungen, sollte sich die Organisation bereit fühlen, das Managementsystem nach einem Modell umzusetzen oder Teile davon anzuwenden.

 

Tipps für typische Praxisprobleme, wenn Chefs zu Coaches werden

 

  • Selbstorganisiert oder geteilte Verantwortung ist nicht absolut und kann in verschiedenen Ausprägungen umgesetzt werden. So klar wie die Matrix oder Linienorganisation, muss Ihnen klar sein, von welchem Grad der geteilten Verantwortung die Rede ist. Nicht selten verweigern sonst Mitarbeitende durch gefährliches Halbwissen ihren Beitrag an die Führung.
    Die Frage, wieviel Autonomie soll geteilt werden hängt von der Frage ab, welche Zukunftsbilder das Unternehmen hat und was Anspruchsgruppen diesbezüglich fordern.

 

  • Aller Anfang ist schwer. Wundere dich als Führungsperson nicht, wenn Mitarbeitende auf den neuen Führungsstil skeptisch bis misstrauisch reagieren. Die Leitung eines Teams erfordert die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren, zu inspirieren und so erfolgreich zu machen. Hatten Mitarbeitende bisher wenig Handlungsspielraum und Mitsprache, ist diese Reaktion eine ganz natürliche Reaktion. Jetzt heisst es dranbleiben und sich durch Mitarbeitenden-Feedback immer glaubhafter zu verhalten. Apropos Feedback. So wichtig offenes Feedback für ihre Entwicklung ist. Dieses wird anfänglich so offen gegeben, wie du es bisher auch hören wolltest. Denn konstruktives Feedback, auf ehrlicher Augenhöhe, kann am Ego kratzen – dafür müssen Mitarbeitende die dafür erforderliche psychologische Sicherheit zuerst wahrnehmen und sich nicht vor den Konsequenzen fürchten.

 

  • Abteilungsleitende sind sich bisher gewöhnt, Ziele für ihre Abteilung festzulegen und sicherzustellen, dass sie erreicht werden. Diese Leistungsüberwachung kann je nach Autonomiegrad wegfallen oder durch Mitarbeitende hinterfragt werden, wenn Teams neu selbstorganisiert das Identifizieren von Engpässen und das Entscheiden von Massnahmen mitverantworten; häufig bis auf den Anspruch, das Reporting der nächsthöheren Führungsebene selbst zu berichten. Bleibe jetzt glaubhaft hinsichtlich des Führungsstils. Leite von übergeordneten Vorgaben die Teamziele gemeinsam mit Mitarbeitenden ab und lass sie die Ergebnisse präsentieren und feiere ihren Erfolg.

 

  • Die Kommunikation mit Mitarbeitenden, anderen Abteilungen und der Geschäftsleitung ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäftes, für den Erfolg einer neuen Zusammenarbeit sowie einer gelebten Transparenz. Diese Aufgabe erfolgte bisher Top-Down durch Dich als Führungskraft. Um Missverständnisse im Rollenverständnis zu vermeiden und sicherzustellen, dass auch hinsichtlich Informations“vergabe“ Augenhöhe gelebt wird, empfehlen wird, auch mit dem Team früh zu kären, von wem, welche Kommunikation und Information sichergestellt werden soll.

 

Und Hand aufs Herz. Nicht alle Vorgesetzte sind automatisch gute Coaches. Das muss kein Versagen bedeuten, sondern dass Sie kein Fisch sind, der auch gut die Wände hochklettern kann. Coaching erfordert andere Fähigkeiten und Kenntnisse als bisher, die über die traditionellen Führungsaufgaben weit hinausgehen. Zielorientierung statt Dominanz. Vertrauen und Aushalten, statt Vorgaben und Kontrolle. Konflikte konstruktiv ansprechen, statt ignorieren, Fingerpointing oder gar falsche Harmonie. Fragen statt Sagen. Diese erweiterten Kompetenzen kamen in vielen Führungs-Schulungen weniger zur Sprache und wurden durch langjährige Verhaltensmuster zusätzlich bestätigt und gefestigt. Seien Sie ehrlich zu sich und Ihrem Team und setzen Sie sich mit den Anforderungen auseinander. Wenn Sie es sich von vornherein nicht vorstellen können und wollen, ist das ok. Doch verlassen Sie dann auch die Komfortzone und erwägen Sie Alternativen ausserhalb dieser Rollenanforderungen.

Wenn Sie hingegen erst recht neugierig auf diese neuen Fähigkeiten sind oder es sogar als Entlastung empfinden, helfen Weiterbildungen wie Agile Coach, damit Sie ein fundiertes Verständnis über diese Rolle erhalten, an Ihrer Haltung arbeiten und sich eine grosse Toolbox aneignen. Für die praktische Umsetzung können Sie uns auann auch ein Coach beigezogen werden, der dabei unterstützen kann, einfacher in die neue Rolle zu kommen und an der neuen  eigenen Haltung kontinuierlich zu arbeiten.