Pulsing – Wie Mitarbeiterumfragen agil werden

Neulich kam ein Kunde auf uns zu, nennen wir ihn Dominik. Er begleitet gerade die agile Transformation in seiner Organisation – und steht selbst mitten drin: Neben seiner technischen Rolle übernimmt er neu auch die Funktion eines Team-Coaches. Neugierig, motiviert und noch am Anfang seiner eigenen Reise ins agile Mindset, stellte er uns die Frage:

„Kann man eigentlich auch Mitarbeiterumfragen agil gestalten?“

Eine spannende Frage, die wir nicht zum ersten Mal hören. Denn viele setzen „agil“ vorschnell mit „cooler, moderner, bunter“ gleich. Auch Dominik meinte zunächst: „Na ja, die Einführung mit unseren agilen Tools, Boards, Canvases und Post-its läuft ja schon. Es wäre doch super, wenn auch eine Umfrage etwas anders umgesetzt wird. Diese langen Standard-Umfragen sind so mühsam – und sind bei Mitarbeitenden nicht wirklich gern gesehen.“

Missverständnis: Agil ist nicht gleich „cooler“

Wir erklärten ihm: Agilität bedeutet nicht in erster Linie, Dinge attraktiver zu machen. Agilität ist die Fähigkeit, schnell und wirksam auf Veränderungen zu reagieren. „Ansprechend“ kann ein Effekt sein – aber der Kern ist ein anderer.

Also fragten wir zurück: „Wozu möchtest du überhaupt eine Umfrage starten?“
Dominik hatte eine klare Antwort: „Ich will wissen, wie die Teams meine neue Rolle als Coach wahrnehmen. Was klappt schon gut, was sollte ich verbessern? Schließlich ist das für alle neu.“

Ein sinnstiftendes Why. Denn wenn das Ziel einer Befragung klar ist, lassen sich die passenden Fragen leicht ableiten.

 

Pulsing statt Mammut-Umfrage

Jetzt erst ging es darum, wie man das Ganze umsetzen kann. Dominik wollte weg von endlosen Excel-Formularen, hin zu einem lebendigen Format. Wir stellten ihm die Methode Pulsing vor: kurze, regelmässige Umfragen, die wie ein „Herzschlag“ den Puls der Organisation messen.

Statt alle zwei bis drei Jahre eine riesige Mitarbeiterbefragung durchzuführen, erlaubt Pulsing:

    • Teamzusammenarbeit sichtbar machen

    • Schnelles Feedback zu Veränderungen einholen

    • Fortschritte laufender Prozesse messen

    • Feedback-Kultur stärken und Mitarbeitende aktiv einbinden

Ein Beispiel: Am Ende jeder Arbeitswoche eine Zwei-Minuten-Abfrage zur Stimmung im Team. Oder eine schnelle Einschätzung nach einer Veränderung im Arbeitsablauf.

Der Aha-Moment: Feedback als Kultur

Im Gespräch merkte Dominik schnell: Eigentlich wollte er nicht nur wissen, wie er als Coach wahrgenommen wird. Sein grösseres Ziel war, dass Feedback im Team selbstverständlich wird. Denn nicht jede Retrospektive passt nach jedem Meeting, manchmal fehlt auch die Zeit – aber regelmässige, leichte Feedback-Impulse schon.

So wurde klar: Die Prozesse und Tools stehen nicht an erster Stelle. Viel wichtiger ist, Feedback-Kompetenz und Lernschleifen im Team zu fördern.

Pulsing einfach umsetzen

Pulsing muss nicht kompliziert oder digital sein. Schon mit einfachen Mitteln lässt sich eine agile Feedback-Kultur aufbauen.


So kannst du starten:

  • Stimmungsbarometer im Teamraum oder in der Kantine aufhängen

    • z. B. Flipchart oder Whiteboard mit einer Skala von 1–5 (Smiley-Skala, Thermometer oder farbige Felder).

    • Jede:r Mitarbeitende markiert einmal pro Woche seine Stimmung oder antwortet auf bestimmte Fragen (z. B. mit einem Klebepunkt oder Strich).

      Kurze Leitfragen danebenstellen

    • „Wie zufrieden bist du mit der Zusammenarbeit diese Woche?“

    • „Wie nimmst du die neue Rolle / den Veränderungsprozess wahr?“

    • „Was würdest du keinem Chef als Feedback geben, aber würdest gern?“

  • Offenes Zeitfenster statt Stichtag

    • Das Barometer hängt eine Woche lang sichtbar im Raum.

    • Mitarbeitende können jederzeit, beim Vorbeigehen oder in der Pause, ihre Rückmeldung eintragen.

  • Anonym & niedrigschwellig halten

    • Keine Namen, keine Pflicht – Feedback ist freiwillig.

    • Einfacher Zugang sorgt für ehrliche Antworten.

  • Rückmeldung auswerten & teilen

    • Am Ende der Woche wird das Barometer kurz fotografiert oder ausgewertet.

    • Ergebnisse in der nächsten Teamsitzung besprechen: „Was fällt uns auf? Was wollen wir nächste Woche ausprobieren?“

  • Klein starten, iterativ verbessern

    • Erst mit 1–2 Fragen beginnen.

    • Im Team reflektieren, ob das Format passt – und dann anpassen.

Was macht Pulsing agil?

Pulsing ist mehr als eine Umfrageform. Es ist agil, weil:

    1. kurze Zyklen – statt alle paar Jahre, lieber regelmässig und klein.
    2. anpassungsfähig – Fragen können je nach Situation verändert werden.
    3. transparent – Ergebnisse werden nicht in einer Schublade gesammelt, sondern fliessen schnell zurück ins Team.
    4. wirksam bleibt – das Team erkennt unmittelbare Handlungsfelder und kann reagieren.

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So gelingt es

    1. Why klären – Welchen Zweck hat die Befragung? Davon leitest du deine Fragen ab.
    2. Fragen klein halten – max. 3–5 Fragen, klar und verständlich. 
    3. Regelmässigkeit definieren – z. B. wöchentlich, zweiwöchentlich oder monatlich.
    4. Feedback zurückspielen & handeln – Ergebnisse zeitnah transparent machen und konkrete nächste Schritte ableiten. Qualitätsmanager und Agile Coaches sind die Profis dafür. 

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Fazit:
Dominik hat verstanden: Agilität in Mitarbeiterumfragen bedeutet nicht, «coole» Fragebögen zu gestalten. Es geht darum, Feedback-Prozesse so zu bauen, dass sie leicht, regelmässig und wirksam sind – eben wie ein Herzschlag. Pulsing macht Feedback zu einer gelebten Praxis, statt zu einem Pflichttermin alle drei Jahre.

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Zehra Sirin

Beraterin & Dozentin & Founder mit Themenschwerpunkt Leadership & Kulturwandel, Veränderungsprozesse

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